Wissen teilen und Horizonte erweitern: Gemeinsam auf dem Weg in Richtung Netto-Null

In Interview mit Nicole Pfefferle, Alumna des CAS ETH in Climate Innovation, sprechen wir über ihre Erfahrungen aus dem Weiterbildungsstudium. Sie kam nach sechs Jahren Arbeit im Bereich der internationalen Zusammenarbeit aus Tadschikistan zurück und nahm dann am CAS-Kurs an der ETH teil. Was war ihre Motivation, den Kurs zu besuchen? Und was sie nimmt sie aus den inspirierenden Begegnungen an der ETH Zürich mit für ihre Arbeit als Beraterin im Bereich Klimawandel?

Interview mit Nicole Pfefferle, Alumna des CAS ETH in Climate Innovation

School for Continuing Education: Was ist dein (beruflicher) Hintergrund, was ist einzigartig an deiner Arbeit?

Nicole Pfefferle: Ich arbeite in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit als Beraterin im Bereich Klimawandel. Den Weg dahin begann ich mit einem Studium der Umweltwissenschaften mit Schwerpunkt Katastrophenrisikomanagement in Schweden. Das Studium führte mich nach Nepal, wo ich mich mit ökosystembasierter Anpassung beschäftigte. Von dort aus zog ich über den Himalaya nach Tadschikistan, wo ich mich sechs Jahre lang mit den klimatischen Herausforderungen in Zentralasien beschäftigte.

Derzeit teile ich meine Zeit zwischen dem lokalen Beratungsunternehmen externe Seite Risha Solutions, das ich zusammen mit Kollegen aus Afghanistan und Tadschikistan gegründet habe, und meiner Rolle als Beraterin im Bereich Klimawandel bei der Schweizer NGO externe Seite Swisscontact auf. Mein Engagement bei Risha Solutions ermöglicht es mir, mich weiterhin mit einer Region zu beschäftigen, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Die Gebirgslandschaften Zentralasiens sind akut vom Klimawandel betroffen: Gletscherschmelze und sich verändernde Wettermuster stellen Menschen und Ökosysteme vor grosse Herausforderungen. Bei Swisscontact arbeite ich an Projekten, die von der Kohlenstoffbindung im Boden in Kambodscha und grüner Stadtentwicklung in Bolivien bis hin zu Landschaftsmanagement im Amazonasgebiet, landwirtschaftlicher Resilienz in Uganda und klimaresilienter Entwicklung in Osteuropa reichen. Diese Erfahrungen haben das Verständnis dafür gestärkt, dass die Auswirkungen des Klimawandels über Kontinente und Entwicklungsstufen hinweg eng miteinander verbunden sind. Es geht nicht mehr nur um die Weitergabe von Wissen, sondern um die Förderung des gegenseitigen Lernens und der Zusammenarbeit. So sind beispielsweise die klimatischen Herausforderungen in meinem Heimatkanton Wallis denen in vielen Ländern, in denen wir tätig sind, bemerkenswert ähnlich, obwohl die Folgen für die Lebensgrundlagen der Menschen sehr unterschiedlich sind. Dies unterstreicht die Notwendigkeit gemeinsamer Lösungen für den Umgang mit dem Klimawandel.

Wie hat dich dein Hintergrund zum CAS ETH in Climate Innovation geführt?

Als ich in die Schweiz zurückkehrte, suchte ich eine neue Herausforderung und die Möglichkeit, mit Menschen in und um Zürich in Kontakt zu treten. Obwohl meine Arbeit hauptsächlich im Ausland stattfindet, sei es virtuell, um CO2-Emissionen zu minimieren, oder vor Ort, wollte ich den Stand der Klimalösungen in der Schweiz besser verstehen, insbesondere an der ETH Zürich. Ich verspürte auch ein starkes Verlangen, mich intensiver mit den Geschehnissen in meinem eigenen Land zu befassen und einen Beitrag zu einer Netto-Null-Zukunft in der Schweiz zu leisten.

Vor allem aber wollte ich innehalten, nachdenken und mein Verständnis dafür vertiefen, wie die Menschheit an diesen kritischen Punkt gelangt ist. Das CAS ETH in Climate Innovation bot mir die Gelegenheit dazu. Ich konnte mich mit Gleichgesinnten aus verschiedenen Sektoren austauschen, die sich ebenfalls mit der Frage auseinandersetzen, wie wir uns in eine positive Richtung bewegen können – und zwar nicht, indem wir der Illusion von grünem Wachstum nachjagen oder uns allein auf technologische Innovationen verlassen, um den Klimawandel zu lösen, sondern indem wir den aktuellen Stand der Dinge kritisch hinterfragen und transformative Wege erkunden.

Nicole Pfefferle

Nicole Pfefferle, CAS ETH in Climate Innovation Alumna
Bild: zVg
  • MSc in Environmental Studies and Sustainability Science in Lund, Schweden
  • Wann immer möglich mit dem Fahrrad unterwegs, oft in den Bergen, leidenschaftliche Gärtnerin
  • Sechs Jahre Tätigkeit in Tadschikistan für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und Risha Solutions
  • Aktuell tätig als Beraterin im Bereich Klimawandel bei der Schweizer NGO Swisscontact und im mitbegründeten Beratungsunternehmen Risha Solutions

Was hat es für dich bedeutet, an der ETH Zürich eine Weiterbildung zu besuchen? Wer oder was hat dich an der ETH Zürich besonders inspiriert?

Das Programm ermöglichte es mir, mein Verständnis für aktuelle Klimalösungen und Innovationen aus technischer Sicht zu vertiefen. Die ETH steht als führende Forschungsinstitution an der Spitze dieser Entwicklungen, und es war inspirierend, sich mit dieser Fülle an Wissen auseinanderzusetzen. Ein Höhepunkt für mich war das Treffen mit Prof. Dr. Sonia I. Seneviratne, der Schweizer Leitautorin der letzten beiden IPCC-Berichte. Ich verfolge ihre Forschung schon seit einiger Zeit und bewundere ihre Fähigkeit, der Schweizer Öffentlichkeit komplexe Klimarisiken effektiv zu vermitteln.

Mit welchen Erwartungen bist du in diese Weiterbildung an der ETH Zürich gestartet?

Ich begann das Programm mit der Hoffnung, Menschen zu treffen und mit ihnen in Kontakt zu treten, die sich ebenso leidenschaftlich wie ich für den Klimawandel einsetzen. Ich war begierig darauf, mich an sinnvollen Diskussionen zu beteiligen, nicht nur, um die Herausforderungen besser zu verstehen, sondern auch, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Bei meiner Arbeit auf dem Gebiet des Klimawandels, insbesondere im globalen Süden, werde ich oft mit Fragen der Ungerechtigkeit und Ungleichheit konfrontiert. Es ist entmutigend zu sehen, dass diejenigen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, oft diejenigen sind, die am meisten darunter leiden. Ich hoffte, dass dieses Programm einen Raum bieten würde, in dem man sich von der ständigen Flut von Herausforderungen zurückziehen und nach vorne schauen könnte, um sich auf positive Massnahmen und innovative Lösungen zu konzentrieren. Meine Erwartungen waren, eine unterstützende Gemeinschaft von Fachleuten zu finden, die sich dem Überdenken des Status quo und dem Streben nach einer gerechten und nachhaltigen Zukunft verschrieben haben – und genau das habe ich gefunden.

«Der Kurs bot Raum, um innezuhalten und darüber nachzudenken, wie wir an diesen Punkt der Klimakrise gelangt sind, und gleichzeitig Hoffnung zu wecken und den Optimismus durch umsetzbare Lösungen und eine unterstützende Gruppe zu erneuern, die bereit ist, diese Herausforderungen gemeinsam für eine lebenswerte Zukunft zu bewältigen.»
Nicole Pfefferle, Alumna CAS ETH in Climate Innovation

Was hat dich während der Weiterbildung am meisten beeindruckt oder überrascht?

Ein weiterer Höhepunkt des Programms war der Besuch der Waste-to-Energy-Anlage von Limeco in Dietikon, die zeigt, wie innovative Lösungen die Klima-Herausforderungen vor Ort angehen können. Generell war das Programm aber weniger technologielastig, als ich es von der ETH erwartet hatte. Das wiederum unterstreicht eine entscheidende Erkenntnis: Die Klimakrise kann nicht allein durch Technologie gelöst werden. Sie erfordert einen tiefgreifenden Wandel in unserer Lebensweise, in der Definition eines guten Lebens und in der Neubewertung unserer Wertesysteme. Bei meiner Arbeit als Beraterin für den Klimawandel in verschiedenen Regionen habe ich oft aus erster Hand erfahren, dass technologische Lösungen zwar entscheidend sind, aber mit systemischen Veränderungen in der Politik, im gesellschaftlichen Verhalten und in den wirtschaftlichen Strukturen einhergehen müssen.

Der Kurs an der ETH betonte die Notwendigkeit, die zugrunde liegenden Probleme anzugehen, die den Klimawandel vorantreiben, wie etwa nicht nachhaltige Konsummuster und eine ungerechte Ressourcenverteilung. Diese breitere Perspektive deckte sich mit meinen Erfahrungen in Ländern wie Tadschikistan, wo lokale Gemeinschaften an vorderster Front von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, ihnen aber oft die Ressourcen und die Unterstützung fehlen, um Lösungen umzusetzen. Das Programm hat mich in meiner Überzeugung bestärkt, dass wir einen ganzheitlichen Ansatz brauchen, der technologische Fortschritte mit sozialen und kulturellen Veränderungen verbindet, um nachhaltige und gerechte Klimalösungen zu schaffen.

Nicole Pfefferle (Bildmitte) nimmt eine Plankton-Probe am Zürichsee im Rahmen des CAS-Kurses.
Nicole Pfefferle (Bildmitte) nimmt eine Plankton-Probe am Zürichsee im Rahmen des CAS-Kurses. Die Proben werden anschliessend mit Mikroskopen untersucht und im Rahmen des Biodiversitäts-Moduls diskutiert. (Bild: Marcel Müller, ETH)

Wie haben dich die Mitstudierenden und Dozierenden inspiriert? Welche Kontakte nimmst du aus der Weiterbildung mit?

Die Vielfalt der CAS-Kohorte war ein wichtiger Höhepunkt des Programms. Der Austausch mit Fachleuten aus verschiedenen Sektoren wie dem Versicherungswesen, der Finanzwirtschaft und dem öffentlichen Sektor bereicherte meine Perspektive auf die Integration von Klimaresilienz in verschiedene Branchen und Governance-Systeme. Gespräche mit Studenten aus dem Finanzsektor boten Einblicke in innovative Finanzierungsmechanismen zur Unterstützung der Klimaanpassung in gefährdeten Regionen, während Diskussionen mit Vertretern des öffentlichen Sektors die Komplexität der Umsetzung effektiver Klimapolitik aufzeigten. Das Netzwerk, das ich während des Programms aufgebaut habe, ist nach wie vor eine wertvolle Ressource, da wir uns über Forschung, Veranstaltungen und berufliche Möglichkeiten austauschen und so den Weg für zukünftige Kooperationen für eine nachhaltigere und widerstandsfähigere Welt ebnen.

Inwiefern hast du durch oder mit deinen Mitstudierenden Momente erlebt, in welchen du dich selbst oder andere weitergebracht hast?

Das Programm bot zahlreiche Möglichkeiten zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung, insbesondere durch den Schwerpunkt Klimakommunikation. Wirksame Kommunikation ist von entscheidender Bedeutung, insbesondere in einem Land wie der Schweiz, wo die Auswirkungen des Klimawandels sichtbar sind, die öffentlichen und politischen Reaktionen jedoch oft zurückhaltend und langsam sind. Zu lernen, wie man die Dringlichkeit der Klimakrise effektiv kommunizieren kann, um sinnvolle Massnahmen zu ergreifen, war einer der wertvollsten Aspekte des Kurses.

In der Schweiz ist es trotz der zunehmenden Beweise für den Klimawandel noch ein weiter Weg, um eine breite Unterstützung für entschlossenes Handeln zu gewinnen. Das Programm hat mich gelehrt, wie man Klimathemen so formuliert, dass sie bei verschiedenen Zielgruppen Anklang finden, so dass die Herausforderungen nachvollziehbar und die Lösungen leichter zugänglich werden. Dies ist für meine Arbeit besonders wichtig geworden, egal ob ich mit lokalen Gemeinschaften, politischen Entscheidungsträgern oder internationalen Partnern zu tun habe. Die Fähigkeit, komplexe Informationen auf überzeugende und einfühlsame Weise zu vermitteln, ist für den Aufbau einer Koalition für den Wandel unerlässlich, und ich bin jetzt besser gerüstet, um zu diesem kritischen Dialog beizutragen.

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