5 Fragen an: Michael Baumgartl (Absolvent MAS ETH in Medizinphysik)
«Inspired by the best». Wir gehen unserem Claim auf den Grund: Wo und was sind Inspirationsquellen in der Weiterbildung? Diesmal mit Michael Baumgartl, einem Absolventen des MAS ETH in Medizinphysik. Er sagt, dass es bei der Weiterbildung nicht nur um Wissenstransfer geht, sondern ebenfalls darum, dass man Teil eines Netzwerkes wird, das Forschung, Entwicklung und klinische Anwendung zusammenbringt.
School for Continuing Education: Wer oder was ist Ihre Inspiration?
Michael Baumgartl: Entscheidend für mein Studium der Physik war ein leidenschaftlicher Physiklehrer meines zweiten Bildungsweges und die Neugierde auf die vielen ungeklärten Fragen im Bereich der Naturwissenschaften. Gegen Ende meines Bachelors entdeckte ich den Bereich der angewandten Medizinphysik und vertiefte mich im Masterstudiengang darin. So entstand eine neue Leidenschaft: Ich wollte unbedingt Teil dieses dynamischen, interdisziplinären Arbeitsumfeld sein, in dem ich die Möglichkeit habe, klinische Strahlentherapie zu praktizieren, aktiv Lehre zu gestalten und Brücken zwischen Forschung und Anwendung zu schlagen. Die Medizinphysik gibt mir zudem die Gelegenheit, die Physik in der Anwendung umzusetzen und täglich einen Beitrag zum Patientenwohl zu leisten.
Sie haben einen Master in Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Was gab den Anstoss, gleich nach Studienabschluss die Weiterbildung in Medizinphysik zu absolvieren?
Während der dreijährigen Ausbildung zum Medizinphysiker in der Schweiz wird empfohlen, das MAS ETH in Medizinphysik zu belegen. Mit einem erfolgreichen Abschluss entfällt der schriftliche Teil der Fachanerkennungsprüfung zum zertifizierten Medizinphysiker durch die Schweizer Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik. Das MAS half mir nicht nur bei der Erweiterung meines theoretischen Wissens, sondern auch beim besseren Verständnis der Aufgaben und landesspezifischen Anforderungen des Medizinphysikers in der Schweiz. Ausserdem konnte ich ein grosses Netzwerk von zukünftigen Medizinphysiker:innen, jungen Forschenden und Nachwuchsingenieuren:innen aufbauen, das heute sowohl auf privater als auch auf beruflicher Ebene sehr hilfreich und bereichernd ist.
Michael Baumgartl ist gelernter Fluggerätmechaniker und hat im Anschluss Physik an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert. Nach abgeschlossenem Studium absolvierte er für drei Jahre eine Medizinphysikerausbildung im Universitätsspital Basel und besuchte berufsbegleitend den MAS ETH Medizinphysik in Zürich. Seit 2018 ist er an dem Universitätsspital Zürich als Medizinphysiker SGSMP tätig.
Mit welchen Erwartungen sind Sie 2014 in Ihre Weiterbildung an der ETH Zürich gestartet? Wurden diese erfüllt?
Meine Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Das berufsbegleitende MAS besteht aus Präsenzunterricht an der ETH Zürich, Praktika in grossen Universitätsspitälern der Schweiz (externe Seite CHUV, externe Seite Inselspital Bern), Summer School Biomedical Imaging (EXCITE Zürich) und Strahlenschutzkurs am externe Seite PSI (optional). Über zwei Jahre haben wir Alumni und Expert:innen aus der ganzen Schweiz als Tutor:innen, Referierende und als Medizinphysikerkolleg:innen kennengelernt und uns austauschen dürfen. Mir wurde bewusst, dass es nicht nur um Wissenstransfer geht, sondern dass man Teil eines Netzwerkes wird, das Forschung, Entwicklung und klinische Anwendung zusammenbringt.
Was haben Sie aus dem MAS ETH in Medizinphysik konkret für Ihre Arbeit mitgenommen?
Die Medizinphysik erstreckt sich über viele Bereiche der Anwendung, Forschung und Entwicklung in Nuklearmedizin, Radiologie, Strahlentherapie und -schutz und in weiten Teilen der Industrie und Forschungsgruppen. Das MAS ETH Medizinphysik war nicht nur die ideale Plattform für fachliche Diskussionen und Wissensvertiefung, sondern auch um bestens theoretisch und praktisch für die Fachanerkennungsprüfung vorbereitet zu werden. Darüber hinaus wird man umfassend für die alltäglichen Herausforderungen eines Medizinphysikers in der Strahlentherapie befähigt.
Digitalisierung ist in aller Munde. Können Sie kurz umreissen, wie sich dieses omnipräsente Thema auf Ihr Fachgebiet und Ihre tägliche Arbeit auswirkt?
Da die Strahlentherapie an sich mit technologisch hoch komplexen Therapieanlagen durchgeführt wird, hat die Digitalisierung schon früh Einzug gehalten. Wir haben am Universitätsspital Zürich die Möglichkeit, mit den jüngsten technologischen Errungenschaften aus Wissenschaft und Medizintechnik, Patient:innen zu behandeln (siehe Bild: Linearbeschleuniger zur Erzeugung von hochenergetischen Röntgenstrahlen kombiniert mit einem MRI). Wirklich wahrnehmbar für die Patientin oder den Patienten ist die Erstkonsultation durch die Strahlentherapeutin oder den Strahlentherapeuten, die Planungsbildgebung durch CT und/oder MRI und die Bestrahlungstherapie am Behandlungsgerät selbst. Ein weiterer Teil der Therapievorbereitungen läuft im Hintergrund ab (individuelle Patientenbestrahlungsplanung, Planbesprechung, patientenspezifische Qualitätssicherungsmassnahmen und diverse Kontrollmechanismen durch verschieden Berufsgruppen). Diese Arbeitsabläufe wurden in den letzten Jahren zur Effizienzsteigerung digitalisiert, optimiert, papierlos gestaltet und wo möglich automatisiert. Gerade der Wechsel zum vermehrten Arbeiten im Homeoffice zu Beginn der Pandemie ist uns daher eher leichtgefallen. Trotz ausgeprägter Digitalisierung findet aber der grössere Teil der Arbeit einer Medizinphysikerin oder eines Medizinphysikers in der analogen Arbeitswelt vor Ort im Spital statt.